PROJEKTGRUPPE DES SPD-PARTEIVORSTANDES - MEHR TRANSPARENZ UND STABILITÄT AUF DEN FINANZMÄRKTEN - LEGT ABSCHLUSSBERICHT VOR
14 MAßNAHMEN FüR MEHR TRANSPARENZ UND STABILITäT AUF DEN
FINANZMäRKTEN
Um Wachstums- und Wohlstandsverluste für die Menschen zu vermeiden,
um potenzielle Krisenquellen auf den Finanzmärkten früher zu
identifizieren und Krisenwirkungen besser einzudämmen, brauchen wir
eine neue Balance zwischen Finanzmarkt und Staat. Wir brauchen eine
Hinwendung zu einer Kultur der Nachhaltigkeit auch an den
Finanzmärkten. Bei der Erarbeitung international abgestimmter Regeln
für die Finanzmärkte sollten wir uns nach Auffassung der Projektgruppe
auf folgende vierzehn Maßnahmen konzentrieren:
1. HöHERE LIQUIDITäTS- UND EIGENKAPITALVORSORGE DER FINANZINSTITUTE!
Die aufsichtsrechtlichen Liquiditätsvorschriften müssen ausgebaut,
Liquiditätsrisiken stärker berücksichtigt Liquiditätspuffer
geschaffen, Stresstests optimiert und die Aufsicht besser einbezogen
werden. Ebenso müssen die Eigenkapitalanforderungen deutlich steigen:
Wir fordern Mindesteigenkapitalquoten. Das gilt nicht zuletzt für
Kredite an Hedge-Fonds, für die zukünftig mindestens 40 Prozent
Eigenkapital hinterlegt werden sollte.
Auf dem Foto v.l.n.r.: Kourosh Pourkian, Franz Müntefering und Bernd P. Holst in Berlin anläßlich der Vorstellung des Berichtes der Arbeitsgruppe "MEHR TRANSPARENZ UND STABILITÄT AUF DEN FINANZMÄRKTEN"
2. STRENGERE BILANZIERUNGSPFLICHTEN DER FINANZINSTITUTE!
Risiken müssen in Zukunft eindeutig in den Bilanzen der
Finanzinstitute ausgewiesen sein und dürfen nicht etwa - wie bisher
üblich - in Zweckgesellschaften ausgelagert werden. Die
EU-Bankenrichtlinie ist in diesem Punkt noch nicht präzise genug. Wir
halten es für dringend notwendig, Risiken zwingend nach einem
standardisierten Schema darzulegen. Die gegenwärtige
„Fair-Value-Bewertung“ muss krisenoptimiert werden.
3. MINDESTENS 20 PROZENT SELBSTBEHALT BEI VERBRIEFUNGEN!
Wir brauchen ein stärkeres Risikobewusstsein im gesamten
Finanzsystem. Die Trennung zwischen der Entscheidung, einen Kredit zu
vergeben, und der Verantwortung für das damit einhergehende Risiko
muss aufgehoben werden. Deshalb dürfen Finanzinstitute ihre
Kreditrisiken nicht mehr zu 100 Prozent verbriefen und weiterreichen
können. Sie müssen auf Grundlage einer internationalen Regelung nach
unserer Auffassung künftig mindestens 20 Prozent des Risikos selber
tragen.
4. VERBOT SCHäDLICHER LEERVERKäUFE!
Schädliche ‚Leerverkäufe’, also die ungedeckte Spekulation auf
fallende Aktienkurse, haben die Finanzmarktkrise noch verschärft.
Krisenverschärfende, schädliche Leerverkäufe müssen auf
internationaler Ebene verboten werden.
5. ANPASSUNG DER ANREIZ- UND VERGüTUNGSSYSTEME!
Wer von Gewinnen profitiert, muss auch Verluste tragen. Über
veränderte Anreiz- und Vergütungssysteme im Finanzsektor auf Grundlage
eines internationalen Verhaltenskodex’ wollen wir dafür sorgen, dass
individuelles Fehlverhalten in Zukunft individuelle Sanktionen nach
sich zieht.
6. PERSöNLICHE HAFTUNG DER VERANTWORTLICHEN!
Das Prinzip „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren“ ist für
uns inakzeptabel. Wir brauchen internationale Standards für eine
stärkere persönliche Haftung der Finanzmarktakteure. Ihre
Verantwortung muss sich auch in der Möglichkeit einer
gemeinschaftlichen und individuellen Haftung widerspiegeln.
7. EUROPäISCHE AUFSICHT STäRKEN!
Das europäische Aufsichtsystem muss weiter entwickelt werden. Zwar
sind erste Schritte gemacht worden, aber sie reichen bei weitem nicht
aus. So muss vor allem die nationale und supranationale Zusammenarbeit
aller Aufsichtsbehörden endlich in der EU-Bankenrichtlinie verankert
werden. Im nächsten Schritt muss das Kollegium der an einer
internationalen Bank beteiligten Aufsichten zu verbindlichen
Entscheidungen befugt werden.
8. VERBESSERTE RATINGS!
Die Errichtung einer europäischen Rating-Agentur als Gegengewicht zu
den bislang allein in den USA existierenden Agenturen sollte geprüft
werden. Die Beratungstätigkeit der Ratingagenturen muss eingeschränkt
werden. Ratingagenturen müssen sich verpflichten, den - weiter zu
entwickelnden – IOSCO Code of Conduct anzuwenden. Eine europäische
Agentur – ggf. das Committee of European Security Regulators – sollte
Ratingagenturen registrieren und kontrollieren. Die Bedeutung von
Ratings für die Beurteilung von Risiken sollte verringert werden.
9. ZENTRALE UND NEUE ROLLE FüR DEN IWF!
Wir brauchen verstärkte Frühwarnkapazitäten und eine bessere
Zusammenarbeit von IWF und FSF. Dazu müssen die Kernkompetenzen der
beiden Institutionen zusammengeführt und ausgebaut werden. Ein
gemeinsamer jährlicher Bericht von IWF und FSF könnte insbesondere die
Effektivität bei der Krisenprävention erhöhen.
10. HEDGE-FONDS UND PRIVATE EQUITY-FONDS STRAFF REGULIEREN!
Hedge-Fonds und Private Equity-Fonds müssen effektiver kontrolliert
und reguliert werden. Wichtige Stichworte sind für uns Pflichten zur
Offenlegung der Vermögens- und Eigentümerstruktur, verstärkte
Aufklärungspflichten hinsichtlich der Risken für Anleger,
Einschränkung übermäßiger Fremdkapitalfinanzierung und
Anlagebeschränkungen.
11. MEHR TRANSPARENZ BEI STAATSFONDS EINFORDERN!
Wir begrüßen die jüngsten vom IWF moderierten Fortschritte in der
Selbstverpflichtung von Staatsfonds zu stärkerer Transparenz und
unterstützen weitere internationale, europäische und bilaterale
Schritte zu einer konstruktiven Einbindung von Staatsfonds in das
Weltfinanzsystem.
12. BETEILIGUNGSRECHTE FüR ARBEITNEHMERINNEN UND ARBEITNEHMER
STäRKEN!
Die Mitbestimmung im Unternehmen ist ein wichtiges Instrument zum
langfristigen Erhalt des Unternehmens und muss daher gestärkt werden.
Die Sanktionen für die Verletzung der mit dem Risikobegrenzungsgesetz
ausgeweiteten Informationspflichten der Unternehmen gegenüber den
Betriebsräten sind deutlich zu erhöhen.
13. STEUEROASEN AUSTROCKNEN!
Die international existierenden Steueroasen und weitgehend
regulierungs- und rechtsfreie Offshore-Finanzzentren müssen trocken
gelegt werden. Vor allem Steuerhinterziehung ist entschlossen zu
bekämpfen. Dazu sind auch neue Wege erforderlich. Bedauerlicherweise
finden sich Steueroasen und „Parkplätze für schwarze Kassen“ auch
immer noch in Europa. Daher muss Europa bei deren Bekämpfung auch
vorangehen. Wir fordern eine Überarbeitung der EU-Zinsrichtlinie mit
diesem Ziel.
14. DEUTSCHLANDS DREI-SäULEN-MODELL BEWAHREN - LANDESBANKEN
KONSOLIDIEREN!
Die Projektgruppe steht zum dreigliedrigen, ausgeprägt dezentral
strukturierten deutschen Bankensystem aus Sparkassen,
Genossenschaftsbanken und Geschäftsbanken. Die Verbundstrukturen der
Sparkassen und der Genossenschaftsbanken haben gerade in der aktuellen
Krise ihre stabilisierende Wirkung unter Beweis gestellt. Auch aus
diesem Grund lehnen wir die Umwandlung der Sparkassen in
Aktiengesellschaften und andere privatrechtliche Organisationsformen
ab. Der Landesbankensektor muss horizontal konsolidiert werden.
Den kompletten Abschlussbericht finden Sie hier
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Bundesfinanzminister Peer Steinbrück in ZEIT-Matinee in den Hamburger Kammerspielen, aufgezeichnet von Fernsehsender PHOENIX: